Witzwort vertellt

5. Die Bedeutung der Schifffahrt in früheren Zeiten

Dorfchronist Ludwig Oesau notiert in den 1950er Jahren: „Die Schifffahrt hatte vor der Erbauung der festen Landstraßen eine viel größere Bedeutung als heute.

Die nichtbefestigten Wege sind auch heute noch im Herbst, wenn sie vom Regen aufgeweicht sind und die schweren Wagen mit Rüben, Kohl und Kartoffeln sie zerfahren haben und das Vieh sie durchgetreten hat, für Fußgänger, Radfahrer und Auto unpassierbar, und erst recht, wenn im Frühling die bis dahin gefrorenen Wege auftauen. In solchen Zeiten war ein Verkehr auf dem Lande so gut wie ausgeschlossen und war fast ausschließlich mit Schiffen möglich. Wenn man einmal in einem der stolzen Bauernhäuer, der Haubarge, weilt, so sieht man mit Erstaunen die gewaltigen Balken, die das Dach tragen. Diese Balken stammen nicht aus der Marsch, nicht aus Eiderstedt. Nur an der Ostküste unseres Landes (Schleswig-Holstein, aj) wachsen Bäume, aus denen solche Balken geschnitten werden können. Wenn einmal der Grund untersucht wird, worauf die mächtigen Ständer stehen, so findet man Steine von größtem Ausmaß. Auch sie findet man in den Moränenschichten des Ostens und die Wasser der Ostsee spülen sie frei und man findet sie am Strand und im Wasser der Küste. Bäume oder Balken sowohl wie Steine von diesem Ausmaß können nach meiner Meinung nicht anders als mit Schiffen hierher befördert worden sein. Wenn man die Bücher der Kaufleute durch sieht, wie z.B. hier in Witzwort des Kaufmanns Jan Maßen Dircks (in diesem Haus ist heute der Markttreff, das Foto zeigt den Laden ca. in den 1950er Jahren, aj), so erstaunt man über die weltweiten Beziehungen dieser einfachen Dorfkaufleute. Während sie heute zumeist nur von Großkaufleuten in Husum, Heide oder vielleicht Flensburg beliefert werden, bezogen sie damals aus Rotterdam, Kopenhagen und anderen Städten Tabak, Rosinen, Wein und andere Waren. Auch diese Waren wurden mit den Schiffen gebracht und wohl auch hier in Reimersbude ausgeladen.

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