Witzwort vertellt

69: Erinnerungen an unseren Bäcker Reinhold Ploog

Am 29. Dezember 2017 starb Reinhold Ploog, der letzte Witzworter Bäcker.

Er wurde am 18. September 1937 in Linden, Dithmarschen, geboren. Sein Vater war Meierist und arbeitete während der deutschen Besatzung in Polen. Reinhold wurde dort eingeschult. Mit seiner Mutter und seinem Bruder kam er nach 1945 über Berlin nach Eiderstedt. In Katharinenheerd wohnten die Großeltern mütterlicherseits, die sie aufnahmen. Dort ging er in die Schule und wurde in Tetenbüll konfirmiert. Auch seine Bäckerlehre machte er in Tetenbüll. Dann arbeitete er mehrere Jahre als Geselle in verschiedenen Betrieben, u.a. auf Amrum. 1962 wechselte  er zum Bäcker Bruno Boysen nach Witzwort. Wie es der Zufall wollte, kam auch Carla Petersen als gelernte Verkäuferin  im Dezember 1962 nach Witzwort, um Tante Nanny und Onkel Bruno im Geschäft zu unterstützen. Reinhold und Carla verliebten sich, heirateten am 6. März 1965 und übernahmen im selben Jahr den Betrieb. Für seine Meisterprüfung im Jahr 1963 war Reinhold Ploog vorher ein Jahr lang dreimal in der Woche nach der Arbeit zur Meisterschule nach Flensburg gefahren. Das junge Paar ersetzte zunächst den mit Holz und Briketts betriebenen Seitenfeuerungsofen durch einen Dampfbackofen und bauten später auch das Haus um.

30 Jahre lang versorgte Reinhold Ploog die Witzworter mit Brot und Kuchen. Einige schwärmen heute noch von seinem Schinkenbrot oder von der Mokkatorte. Beliebt war auch Kassler im Brotteig – dafür konnte man auch ein Stück Kassler vom eigenen Schwein zuliefern. Der Ploogsche Butterzwieback war sogar über die Grenzen Witzworts hinaus bekannt – die Bäckerei lieferte ihn bis nach Köln. Die traditionelle Herstellung von Butterzwieback war aufwändig: Erst wurden kleine runde Kugeln gebacken, dann in zwei Hälften geschnitten, nochmal im Backofen getrocknet und anschließend wieder zusammen gesetzt und verpackt.

Zu den Vereinstreffen kam Bäcker Ploog in die Gastwirtschaft und veranstaltete Heedewekendreihn (Heißeweckendrehen). Jeder Gast am Tisch zahlte einen bestimmten Betrag und dann wurde das Glücksrad »gedreiht«. Wer am Tisch die höchste Zahl erreichte, gewann eine Tüte voll Heedeweken.

Bis in die 1990er Jahre lieferte die Bäckerei auch in den Witzworter Außenbereich. Montags, Mittwochs und Freitags fuhr Reinhold Ploog mit dem „Brotanhänger“ los. Er hatte eine feste Tour und viele Kinder warteten bereits auf ihn, denn auf dem Hänger waren auch Körbe voll mit Süßigkeiten.

1996 übergaben die Ploogs die Bäckerei ihrer Tochter Birte und deren Mann Michael Reimers, arbeiteten aber weiter im Betrieb mit. Da Michael Reimers seinen Beruf krankheitsbedingt nicht mehr ausüben und kein Käufer für den Betrieb gefunden konnte, musste die Bäckerei Ende 2002 schließen. Das Rentenalter konnten Reinhold Ploog und seine Frau noch viele Jahre genießen. Nur zuletzt war er sehr krank. Vor seinem Tod lebte er kurze Zeit im Seniorenheim in Tetenbüll, wo es ihm gut gefiel. Aber einmal musste er doch den Kuchen kritisieren: dröösch!

Das Foto zeigt Reinhold Ploog auf seiner Bäcker-Abschiedstour am 28. September 2002 im im Ingeborg-Andresen-Weg. Den „Brotanhänger“ hatten Elke Westensee und Sonja Radcke(-Wischmann) abends heimlich in der Garage geschmückt. Das Foto machte Hannelene Röckendorf.   |  Archivgruppe, Angela Jansen

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