Witzwort vertellt

81: Witzwort 1628: Ein Raubzug mit bösem Ausgang

Im Februar 1628 plünderten zwei Bauern aus Koldenbüttel und sechs Soldaten aus dem Wallensteinschen Heer das Haus von Mewes Ovens (Süden 16).

Im Februar 1628 plünderten zwei Bauern aus Koldenbüttel und sechs Soldaten aus dem Wallensteinschen Heer das Haus von Mewes Ovens (Süden 16). Sie fesselten den Hauswirt, seine Magd und einen Jungen und raubten, was sie finden konnten. Das war allerdings nicht viel: 7 Reichstaler, 1 silberner Becher, 1 silberner Löffel, 1 Beutel mit einem goldenen Siegelring, einige Kleidungsstücke und einige Rollen Leinwand.

Die zwei Soldaten Bastian Zimmermann aus Jena und Hartmann Racken aus Bremen waren in Koldenbüttel bei dem Kleinbauern Hermann Clauß einquartiert. Dessen Bruder Claus Clauß und sein Freund Wilhelm Grieß waren die am Raubüberfall beteiligten Bauern. Die anderen vier Soldaten kamen aus einem benachbarten Quartier. Es waren Albrecht Nussbaum vom Knechtshof und die Lothringer Paul Grille, Eberhard Krug und Bartell Voigt, genannt das Kind (weil er noch so jung war?).

Gleich am nächsten Tag wurden alle acht und Hermann Clauß festgenommen, nachdem ein nicht beteiligter Soldat, der auch bei Clauß wohnte, seinem Vorgesetzten den Raubzug angezeigt hatte. Nun wurden alle Beschuldigten in Tönning einzeln verhört, und zwar nach dem selben Fragenkatalog. Inwieweit bei diesen Befragungen Gewalt angewendet wurde, ist unklar. Auffällig sind aber die ehrlich wirkenden Antworten. Alle Beteiligten waren arme, aber nicht unredliche Leute und deshalb gewohnt, ehrlich zu antworten.

Ausgerechnet in das Haus von Mewes Ovens einzubrechen, war sicher keine gute Idee. Der vermutliche Anstifter, Hermann Clauß, hatte Ovens als Landesverräter bezeichnet und außerdem den Eindruck vermittelt, er sei alt und wehrlos. Aber dass er als Lehnsmann auch über gute Verbindungen zur Besatzungsmacht (Wallensteins Armee) verfügte, war wohl keinem klar. Alle Acht wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. Spätere Chronisten hielten es für ein Zeichen der starken Disziplin im Regiment des Oberst Cerboni, dass auch die Soldaten das Todesurteil erhielten.

Die Anstifter des Überfalls – Hermann Clauß und seine Ehefrau – kamen dagegen ohne Strafe davon. Sie hatten das Einbruchsziel bestimmt und von reicher und leichter Beute gesprochen. Hermann Clauß hatte den anderen versichert, er wäre mitgegangen, wenn er nicht krank im Bett gelegen hätte. Im Verhör stritt er die Anstiftung und auch jede Mitwirkung ab. Als ihm sein Bruder und Wilhelm Grieß diesen Vorwurf direkt ins Gesicht sagten, bat Hermann Clauß um eine weitere Einzelvernehmung – und schob die volle Verantwortung auf den Bruder ab.

Der Überfall ereignete sich 1628, ein Jahr vor dem Ende des Dänisch-Niedersächsischen Krieges, der 1623 begonnen hatte. Er steht im Zusammenhang des 30-jährigen Krieges (1618–1648). Dieser Großkonflikt um die Herrschaft in Deutschland und Europa war auch ein Religionskrieg zwischen Katholiken und Protestanten (bzw. deren Herrschern). Im Sommer 1627 stieß Wallenstein (Kaiserliche Armee, Katholiken) in wenigen Wochen nach Norddeutschland und auf die Halbinsel Jütland vor. 1629 schloss Dänemark (König Christian IV., Protestanten) den Frieden von Lübeck und schied aus dem Krieg aus.

1628 war also auch Eiderstedt von den Wallensteinern besetzt. Chroniken berichten, dass das Land unter der „schweren Last der kaiserlichen Einquartierung“ litt und dass „gebrandschatzt und verwüstet“ wurde. Aber vermutlich versuchten sich die (herrschenden) Eiderstedter mit der Besatzung zu arrangieren. Dem dänischen König gegenüber fühlte man sich nur in Maßen verpflichtet. Mewes Ovens war damals 73 Jahre alt, er starb 2 Jahre später. Er war Lehnsmann auf Lebenszeit, als Sachverständiger in Wasserbaufragen tätig und mehrfach in herzoglichen Kommissionen vertreten. Ihm gehörten drei Höfe (heute Süden 14, 16 und 17).

Die bald 400 Jahre alten Verhörprotokolle bewahrt das Landesarchiv Schleswig auf. Sie sind gut erhalten und in einem recht modernen Hochdeutsch abgefasst. Hans Knutz schreibt in der Chronik, bei dem Überfall sei der Hof auch in Brand gesteckt worden. Das bestätigen die Protokolle nicht. Ludwig Oesau muss die Protokolle gelesen haben. Denn im Kreisarchiv Husum liegt ein handschriftliches Dokument, in dem er sie zusammengefasst hat.

Die Todesstrafe für einen Einbruch ist für uns heute ein unvorstellbar hartes Urteil. Es zeigt, dass sowohl die örtlichen Behörden als auch die Militärmacht den Schutz der Großbauern und ihres Besitzes sehr hoch werteten. Hungernden Kleinbauern und zerlumpten Soldaten gegenüber sollte ein Exempel statuiert werden. Der Soldat Eberhard Krug hatte es kommen sehen: „Es möcht einen bösen Ausgang gewinnen“.

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