Witzwort vertellt

6. Ein „Kaffee“-Kränzchen um 1900

Drei Frauen ganz entspannt beim Kaffeekränzchen vor dem Haus? Es lohnt sich, das Foto genauer zu betrachten… Die Personen: Links im Bild die Urgroßmutter von Archivgruppenmitglied Inge Claussen: Auguste Hogrefe, genannt „Oode“, 1844-1924.

Sie trägt ein schwarzes Kleid wie alle älteren Frauen, besonders die Witwen. Ihr Mann starb früh, als der älteste Sohn erst 11 Jahre alt war. Sie führte deshalb die Schmiede mit Unterstützung der Gesellen viele Jahre, bis der Sohn die Verantwortung übernehmen konnte. Neben ihr sitzt die unverheiratete Schwester ihres Mannes, Catharina Hogrefe, die am Rosenmarkt lebte und Handarbeitsunterricht gab. Sie trägt einen vermutlich selbst hergestellten Spitzenkragen. Die rechts sitzende Person ist uns noch unbekannt, wohl eine Nachbarin aus der Dorfstraße. Alle drei halten Strickstrümpfe in den Händen, als sollte nicht der Eindruck von Untätigkeit entstehen. Auf dem Tisch steht – Tee. „Der Tee schmeckte bei Tante Tiede in Uelvesbüll viel besser“, erinnert sich Inge Claussen. Das lag daran, dass dort zur Teezubereitung das (abgekochte) Wasser aus der Wehle genommen wurde, das viel weicher war als das Grundwasser aus den Hausbrunnen in Witzwort. Deshalb gab es den „Teepilz“, der weiter gegeben wurde von Hausfrau zu Hausfrau. Er wurde dem Tee zugesetzt, um ihn schmackhafter zu machen. Der heute als „Kombucha“ bezeichnete Teepilz ist in Wirklichkeit kein Pilz, sondern eine Verbindung verschiedener Hefen. Er senkt den pH-Wert des Wassers, macht es also „saurer“. Das Foto ist natürlich kein Schnappschuss, sondern sorgfältig arrangiert. Damals besaß man keinen eigenen Fotoapparat, sondern der Fotograf kam vorbei. Dass man auch einige Sekunden still sitzen musste, sieht man meistens der „ssteiffen“ Haltung der Personen an. Die Frauen sitzen vor der Seitenfassade des Hauses (heute Parkweg 3) auf einer schmiedeeisernen Bank, die in der Schmiede Hogrefe herstellt wurde. Sie leistete Inge Claussen noch bis 2010 gute Dienste. Jetzt ist allerdings das Holz verrottet (aber das lässt sich ja erneuern). Zu den Gardinen berichtet Inge Claussen, dass es Winter- und Sommergardinen gab. Im Winter hängte man die älteren Gardinen auf, weil sie dem Ofenruß ausgesetzt waren. Nach dem Frühjahrsputz, spätestens zu Pfingsten, wurde der Ofen in der Stube nicht mehr benutzt und die besseren Sommergardinen kamen zum Einsatz.

Zurück